Am 1. Juli 2024 fand im Stuttgarter Rathaus eine besondere Premiere statt: Erstmals wurde der Schulpreis „Demokratie und Werte (er)leben“ verliehen. Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg zeichnete zehn Schulen für ihr herausragendes Engagement in der Demokratiebildung aus. Diese Schulen, darunter auch das Stiftsgymnasium, dienen als Leuchttürme und Vorbilder für die erfolgreiche Integration von Demokratiebildung in den Schulalltag. Die Preisverleihung und der anschließende Fachtag markierten zugleich den Startschuss für das Netzwerk „Zukunftsschulen“, das die Demokratiebildung nachhaltig fördern soll.
Der demokratische Gedanke spiegelte sich auch im Charakter der Veranstaltung wider, da von jeder Preisträgerschule Schulleitungen, Lehrkräfte und vor allem Schüler*innen eingeladen waren.
Inspirierende Reden und gemeinsame Ideen
Stuttgarts Bürgermeisterin Isabel Fezer eröffnete die Veranstaltung mit den Worten, Demokratie sei „erlebt, gelebt und erlitten“. Sie betonte, dass Demokratie nicht nur von Erwachsenen, sondern auch von jungen Menschen erlernt und gelebt werden müsse, etwa in Institutionen wie dem Jugendgemeinderat. Demokratie sei ein kostbares und zugleich verletzliches Gut, das aktiv geschützt werden müsse. Die Bürgermeisterin bezeichnete die Preisverleihung als einen Feiertag für die Demokratie.
Anschließend sprach die Kultusministerin Theresa Schopper. Sie lobte das Engagement vieler junger Menschen, die sich aktiv für sich selbst und andere einsetzen, und betonte die Bedeutung einer positiven Streitkultur, in der Diskussionen und Konfliktlösungen Raum fänden. Wissen über Demokratie und Rechte wirke wie eine Immunisierung gegen Vorurteile und sei eine wesentliche Aufgabe der Schulen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.
Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke, Präsident des ZSL, erzählte in seinem Grußwort von Lisa, einer Schülerin, die ihn sehr beeindruckt hat, weil sie sich als Schülersprecherin mit dem Slogan „Ich will mein Bestes für euch geben“ aufstellen ließ. Einen besonderen Moment schaffte er, indem er die anwesenden Schüler*innen fragte, was Demokratie für sie bedeute. Aufgeschlossen berichteten sie vor den rund 200 geladenen Gästen aus ihrem Schulalltag.
Nach einer musikalischen Einlage des Kammerchors des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums, der die „Zauberflöte“ interpretierte, sprach Prof. Dr. Wolfgang Reinhart, Vizepräsident des Landtags und Schirmherr der Veranstaltung. Er nannte die Verfassung das „Gedächtnis der Demokratie“, das geschützt werden muss, und betonte, dass die Preisverleihung als Anfangspunkt für weiterführende Demokratiearbeit zu sehen sei.
Der Höhepunkt der Veranstaltung: Die Vertreter*innen aller Preisträgerschulen wurden auf die Bühne gebeten. Für das Stiftsgymnasium übernahm Jonas Ringler aus der Klasse 10c diese Aufgabe. Zusammen mit der Schulleiterin Nadine Kußler nahm er stolz die Urkunde und Plakette der „Zukunftsschule“ entgegen.
Die Jury und die Preisträgerschulen
Eine unabhängige Jury, einschließlich Dr. Michael Blume, dem Antisemitismus-Beauftragten der Landesregierung, wählte die Preisträgerschulen aus. Aus 72 schulartübergreifenden Bewerbungen aus ganz Baden-Württemberg gingen ein. Die Jury konzentrierte sich darauf, Schulen zu würdigen, die durch ihr Engagement in der Demokratiebildung besondere Akzente gesetzt haben. Jede der ausgezeichneten Schulen erhielt zusätzlich 1.000 Euro. Der Preis wird von der Karl Schlecht Stiftung (KSG) und der Hopp-Foundation finanziell unterstützt.
Die zehn Preisträgerschulen in alphabetischer Reihenfolge:
- Albert-Schweitzer-Gymnasium Gundelfingen
- Alemannenschule Wutöschingen, Gemeinschaftsschule
- Ernst-Reuter-Schule Karlsruhe, Gemeinschaftsschule
- Freie Demokratische Schule Kapriole, Freiburg, Freie Grund- und Werkrealschule
- Grundschule Rommelsbach
- Karl-Georg-Haldenwang-Schule, Leonberg, Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum
- Kaufmännische Schule Waiblingen, berufliche Schule
- Lorenz-Oken-Schule Offenburg-Bohlsbach, Grundschule
- Realschule am Rennbuckel, Karlsruhe
- Stiftsgymnasium Sindelfingen
Ein lebendiger Austausch beim Fachtag Demokratiebildung
Der Nachmittag stand ganz im Zeichen des Barcamps, einem Format, das Offenheit und Flexibilität großschreibt. Hier war jede*r eingeladen, aktiv mitzumachen: Ob als Session-Leiter*in, Workshop-Moderator*in oder Ideengeber*in – es gab keine festen Vorgaben, sondern die Freiheit, nach Lust und Laune zwischen vierzehn verschiedenen Angeboten zu wählen und war damit ideal, um die Prinzipien des Vormittags weiterzudenken, sich über Erfahrungen und Gelingensfaktoren auszutauschen und kreative Ideen für die Zukunft der Demokratiebildung zu entwickeln.
Ein Blick in die Zukunft
Alle ausgezeichneten Schulen haben an diesem Tag gezeigt, wie wichtig und lebendig Demokratiebildung ist. Durch die Aufnahme in das Netzwerk „Zukunftsschulen“ „Demokratie und Werte (er)leben“ werden die Schulen weiterhin unterstützt und gefördert.
Für das Stiftsgymnasium ist die Auszeichnung eine besondere Anerkennung der langjährigen Arbeit im Bereich Demokratie und Wertevermittlung, denn unsere Schulgemeinschaft ist vielfältig und engagiert.
Wir wurden als „Schule ohne Rassismus“ ausgezeichnet, sind Teil des Netzwerks „Lernort Demokratie“ und haben eine Vielzahl von Projekten und Initiativen gestartet, um Demokratie erfahrbar zu machen. Besonders wichtig ist uns die Einbeziehung der gesamten Schulgemeinschaft: Unsere Schüler*innen nehmen beispielsweise regelmäßig an Juniorwahlen und Podiumsdiskussionen teil und profitieren von Expertenvorträgen. Zudem bieten Arbeitsgemeinschaften wie, „Stifts hilft!“, „Pat*innen“ und „Jugend debattiert“ zahlreiche Gelegenheiten, sich aktiv einzubringen.
Durch Initiativen wie die „Stifts Mach Mit!“-Aktionen zu unterschiedlichen Themen zeigen wir, wie Demokratie in unserem Alltag gelebt wird. Dabei geben wir jedem die Möglichkeit, eine Meinung einzubringen, sich konstruktiv über relevante Themen auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die wir dann möglicherweise als Schulgemeinschaft umsetzen können. Soziale Verantwortung fördern wir durch ein verpflichtendes Sozialpraktikum und einen Ehrenamtstag in Klasse 9. Eine engagierte SMV-Arbeit unterstützt die aktive Mitwirkung unserer Schüler*innen.
Im Schuljahr 2024/2025 wird es wieder soweit sein: Wir führen erneut das Großprojekt „Schule als Staat“ durch. Dabei wird die Schule in einen fiktiven Staat umgewandelt, in dem Schüler*innen verschiedene Rollen wie Politiker*innen, Unternehmer*innen und Bürger*innen übernehmen. So gestalten sie das Schulleben selbstständig, führen Geschäfte, regeln Gesetze und erleben demokratische Prozesse hautnah.
Auch SWR-Aktuell berichtete. Die Auszeichnung der Schulen ist ab Minute 21:45 zu sehen.
Text: Sanne Mäusling
Bilder: Deniz Tekin, Sanne Mäusling, Peter Kowalyk