Als ich anderen Menschen erzählte, dass ich in den Sommerferien zwei Wochen lang um 7.00 Uhr aufstehen und mich den ganzen Tag lang freiwillig mit Physik beschäftigen will, glaubten mir viele nicht.
Ehrlich gesagt: Ich wusste auch nicht genau, was da eigentlich auf mich zukam, als ich die Zusage von der Science Academy in Adelsheim erhielt, aber ich freute mich darauf.
Die Science Academy ist ein Angebot für besonders begabte und motivierte Schüler der achten und neunten Klasse. Jedes Jahr gibt es mehr als doppelt so viele Anmeldungen wie Plätze. Doch die Akademie steht für Vieles: Neben dem Kurs gab es jeden Morgen, Nachmittag und Abend kursübergreifende Angebote (KüA), die von jedem angeboten werden konnten. Ich war in der Theater KüA, in der wir innerhalb von nur sieben Proben ein gesamtes Theaterstück einstudierten.
Am Eröffnungswochenende trafen wir uns zum ersten Mal und schon dort entstanden die ersten Freundschaften. Es gab sechs Kurse, 75 Schüler, unsere Kursleiter und pro Kurs einen Schülermentoren.
Ich war im Meteorologie/Physik Kurs der sich mit dem Thema „Was ist Wetter?“ beschäftigte. Wir entschieden, dass wir einen Wetterballon steigen lassen wollten, um dann die Daten auszuwerten. Der Kurs war ganz anders aufgebaut, als ich es erwartet hatte. Jeden Morgen wurde besprochen, welche Aufgaben es gab und wer sie erledigen würde. Wir teilten uns in zwei Gruppen auf, da wir als zwei Hauptprojekte Wettermessungen am Boden mit einer Bodenstation und in der Luft mithilfe eines Wetterballons durchführen wollten. Für die Bodenstation mussten die Sensoren programmiert und die Station gebaut werden. Für den Wetterballon mussten zuerst alle technischen Geräte getestet und dann in die Transportbox eingebaut werden. Um zu verstehen, wie die Wetterdaten aussehen würden, beschäftigten wir uns auch damit. Daher bereitete jeder Kursteilnehmer eine Präsentation zu einem Thema (z.B. Halbleiter, Luftfeuchte,…) vor. Die gesamte erste Woche waren wir damit beschäftigt.
Durch strukturierte Planung schafften wir es jedoch, alles rechtzeitig zu erledigen und der große Tag kam: Der Ballon konnte gestartet werden. Der gesamte Kurs und unsere Kursleiter hatten feste, vorher verteilte Aufgabe und alles funktionierte. Doch der Ballon flog nicht. Es ist immer noch ungeklärt, warum er beim ersten Mal nicht stieg. Beim zweiten Versuch klappte es jedoch. Der Ballon flog in die Richtung, welche von uns im Voraus berechnet wurde und wir verloren auch nach einigen Stunden das Signal, was darauf hindeutete, dass er so hoch war, dass der verbaute GPS-Tracker kein Signal mehr senden konnte. Als wir dann wieder ein paar Stunden später erneut ein Signal empfingen, war das für uns das Zeichen, dass er jetzt landete. Auch die vielen Schleifen, die er flog, deuteten darauf hin. Nachdem wir seine Flugroute eine Weile genau beobachteten, fuhren wir alle zusammen nach Ochsenfurt in der Nähe von Würzburg, um dort nach ihm zu suchen. Bevor wir dort ankamen, brach das Signal allerdings ab. Und das genau über den Gleisen!
Es konnte viele Gründe für das Abbrechen des Signales geben, deshalb gaben wir die Hoffnung (noch) nicht auf. Dort angekommen suchten wir im Gebüsch neben den Gleisen und im Wohngebiet alles ab. Doch nach über einer Stunde gaben wir die Suche auf und fuhren zurück. Noch immer hatten wir die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir die Box einfach übersehen hatten und sie irgendjemand finden und bei uns anrufen würde. Eine weitere Möglichkeit, die wir in Betracht zogen, war, dass der Ballon noch gar nicht gelandet war, sondern noch irgendwo flog. Das war allerdings sehr unwahrscheinlich.
Als wir auch am Abend des nächsten Tages keine neuen Informationen hatten, gaben wir die Hoffnung, den Ballon doch noch zu finden endgültig auf. Bis tief in die Nacht schauten wir zwar noch, ob es nicht doch ein neues Signal gab, doch wir mussten einsehen, dass es keinen Sinn hatte. Die Chance, in Deutschland genau auf den Gleisen zu landen, lag zwar bei 0,01%, doch wir hatten es geschafft. So dachten wir.
Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich alle ausschlafen, da der Kurs erst um 9.00 Uhr begann. Doch um kurz nach 7.00 Uhr schickte ein Kursteilnehmer einen Screenshot in unsere Gruppe: wir hatten ein neues Signal aus Whyl am Kaiserstuhl. Wir konnten es nicht glauben. Innerhalb von 20 Minuten waren alle wach. Nachdem wir uns sicher waren, dass wir wirklich ein neues Signal von dort hatten, haben wir die Eltern von einem Kursteilnehmer angerufen. Whyl war zu weit weg, um einfach dorthin zu fahren, doch sie wohnten in der Nähe und wir beauftragten sie damit, herauszufinden ob und wo genau der Ballon gelandet war.
Gespannt warteten wir, was geschehen würde und tatsächlich! Etwas später bekamen wir ein Bild: unsere Ballonbox, auf einem Dach liegend. Die Freude war sehr groß, doch schnell gab es ein anderes Problem: wie sollten wir die Box von dort herunterbekommen? Die Hauseigentümer waren nicht da und auch die Feuerwehr konnte nicht helfen. Die normale Leiter reichte nicht bis aus Dach und die Drehleiter aus dem Nachbarort wäre sehr teuer.
Was nun? Glücklicherweise gab es noch weitere Bekannte in dieser Gegend. Es wurde ein Dachdecker vor Ort kontaktiert, der mit seinem Hubsteiger auf das Dach kletterte und unsere Box herunterholte.
Pünktlich zu unseren Abschlusspräsentation konnten wir die Daten dann doch noch auswerten.
Jeden Abend gab eine Gute-Nacht-Geschichte über ein Känguru, die wir alle liebten und unser Kursmaskottchen war ein Einhorn. In diesen zwei Wochen sind wir zu einer großen Familie zusammengewachsen, wir haben viel gelernt und viel Spaß zusammen gehabt.
Herzlichen Dank an die Schule für meine Nominierung!
…. auch die FAZ berichtete (26.09.2024).
Text und Bilder: Julia Brehm (9c)